Phantastischer Aufruf

Ein Glück, dass ich nicht in Wetzlar wohne! Dort gibt es nämlich die Phantastische Bibliothek – ein Gebäude, das von oben bis unten knallvoll ist mit praktisch allem, was je auf dem Gebiet der phantastischen Literatur in deutscher Sprache erschienen ist, vom Horror-Groschenheftchen bis zur Hochliteratur, von John Sinclair bis zu Grass' "Rättin", Fantasy, Science Fiction, Horror ebenso wie die klassischen Märchen und Sagen und jede sonstige Form phantastischer Literatur. Es ist die einzige öffentlich zugängliche Bibliothek dieses Sammelgebiets in Deutschland und mit 280.000 Titeln weltweit die größte. Und all diese Schätze stehen nicht etwa unberührbar hinter Glas, sondern sind zum Anfassen da, zum Aus-dem-Regal-nehmen und … lesen. Sitzgelegenheiten gibt es auch jede Menge; hier zum Beispiel der berühmte "Perry Rhodan"-Sessel, auf dem ich bei meinem Besuch letztes Jahr Platz nehmen durfte:

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(Tisch und Sessel bestehen übrigen aus Restbestands-Büchern, die ansonsten makuliert worden wären: Derartiger Umgang mit Druckerzeugnissen ist also nicht üblich, sondern war in diesem Fall eine kreative Recycling-Maßnahme. Wer die Bücher lesen will, findet sie alle auch im Regal.)

Wie gesagt: Ein Glück, dass ich nicht in Wetzlar wohne – ich fürchte, ich würde keine Zeile mehr schreiben, sondern nur noch von morgens bis abends in der Phantastischen Bibliothek sitzen und lesen. Wer je in die Gegend kommt, sollte sich einen Besuch auf keinen Fall entgehen lassen, und wer z.B. Literaturwissenschaft studiert und eine Arbeit schreiben will, die mit phantastischer Literatur zu tun hat, ist für ein Quellenstudium hier an der bestmöglichen Adresse.

Diese "spinnerte" Einrichtung ist eine eigenständige gemeinnützige Stiftung – und hat es wie alle Stiftungen in der heutigen Zeit der Minuszinsen nicht leicht. Einerseits wachsen die Aufgaben (und die Bestände – woran ich z.B. ja auch mit schuld bin), andererseits sinken die Einnahmen. Ihrer weiteren Arbeit könnte eine dicke Finanzspritze also guttun – und damit sind wir beim Thema:

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Viele namhafte Autoren, die – wie ich – dieser Bibliothek seit Jahren freundschaftlich verbunden sind, haben eine großangelegte Spendenaktion vereinbart, mit der wir die Phantasten in Wetzlar unterstützen wollen, und gemeinsam mit den anderen (wer das ist, erfährt man durch einen Klick auf obige Grafik oder unter http://spenden.phantastik.eu) bitte ich Sie um Ihre Mitwirkung. Wir wollen nicht mit der Höhe von Einzelspenden punkten, sondern mit der Anzahl der Spender, um zu zeigen, was die Gemeinschaft der Leser phantastischer Literatur auf die Beine stellen kann. Ich würde mich deshalb sehr freuen, wenn sich möglichst viele Besucher meiner Website beteiligen und eine Spende von 11,11 Euro überweisen würden: Ungefähr das also, was ein Taschenbuch kostet, keine große Ausgabe für den Einzelnen. Wir hoffen auf den aus den Märchen bekannten Effekt, dass viele dünne Haare, wenn es nur genug sind, miteinander verflochten auch ein dickes, stabiles Tau ergeben.

Das Stichwort "Haare" sei auch gleich die Überleitung zu einem speziellen "Goodie": Um denen, die gern mehr tun würden, einen Anreiz zu bieten, diesem Impuls zu folgen, haben verschiedene Autoren verschiedene Dinge mit Sammlerwert zur Verfügung gestellt, die unter denen verlost werden, die einen bestimmten, höheren Betrag spenden. Wie das genau funktioniert, ist auf der Seite mit den Goodies erklärt. Ich habe für die Aktion eines der Original-Typoskripte meines ersten Romans "Die Haarteppichknüpfer" zur Verfügung gestellt, das so aussieht:

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Die Geschichte dahinter ist folgende: Als ich damals den Roman fertiggestellt hatte, habe ich das Manuskript 7mal doppelseitig kopiert (was man nicht tun sollte, eine Manuskriptseite hat keine Rückseite) und im Copyshop binden lassen (was man erst recht nicht tun sollte) und diese 7 Bände dann mitsamt einem Begleitschreiben auf die Reise zu den Verlagen geschickt, bei denen ich mir eine Veröffentlichung vorstellen konnte (diesbezüglich hatte ich damals eine sehr elastische Phantasie). Damals war es noch üblich, Manuskripte bei Ablehnung zurückzuschicken, und da meine Verlagsliste natürlich weitaus mehr als 7 Namen umfasste, habe ich jedes Typoskript, das zurückkam, gleich wieder hinausgeschickt. Die meisten kamen irgendwann nicht mehr zurück, einige aber doch, und das am besten erhaltene davon kann nun gewinnen, wer € 99,18 an die Phantastische Bibliothek Wetzlar spendet, parallel dazu ein Mail hinschickt, dass man sich für das "Haarteppichknüpfer"-Typoskripts interessiert, und – Glück hat.

Die Aktion läuft bis zum 11. Oktober 2016. Ich drücke die Daumen.