Zum Tod von Stefan Lübbe

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Die Nachricht erreichte mich früher als die meisten, nämlich unmittelbar nach der ersten Lesung meiner Reise, die am Montagabend, dem 13. Oktober 2014, in Köln stattfand, dem Sitz der Bastei-Lübbe AG. Ein paar Leute vom Verlag waren gekommen, man wollte hinterher gemeinsam was essen gehen, da kam es per Handy: Stefan Lübbe ist tot.

Schock ist gar kein Ausdruck für diesen Moment. Ich wollte es erst gar nicht glauben – schließlich war Stefan Lübbe keine zwei Jahre älter als ich! Ich glaube, so richtig begriffen habe ich es auch erst während der Trauerfeier für ihn.

Stefan Lübbe war kein unkomplizierter Mensch. Er war immer in Bewegung, ein dynamischer, umtriebiger Unternehmer. Ihm zu begegnen hieß fast immer, mit einer Idee konfrontiert zu werden, die einen erst mal sprachlos machte. Viele Leute, auch ich, haben sich oft gefragt, "was macht er denn jetzt wieder?", wenn er mal wieder das Unterste zuoberst kehrte, Gewohntes umwarf, neue Richtungen einschlug. Aber im Nachhinein muss man in den meisten Fällen zugeben, dass er mit seinen Einschätzungen richtig gelegen hat. Er war ein Visionär – jemand, der Trends vorausgeahnt, oft vorweggenommen hat: Das kann man nicht lernen, das muss einem gegeben sein, und schon allein was das anbelangt, wird er fehlen.

Doch bei alldem war Stefan Lübbe niemals einfach nur auf "Profitmaximierung" aus – dafür eignet sich die Buchbranche ja nun auch nicht wirklich. Nein, er war ein Verleger durch und durch. Jemand, der es liebte, Bücher in die Welt zu setzen. Jemand, der Autoren mit Achtung begegnete und mit, ich sage es mal altmodisch, Freundschaft. Wir hatten mehrere intensive Gespräche, in denen Momente der Nähe und Vertrautheit entstanden, wie sie für "Geschäftsbesprechungen" absolut nicht typisch sind. Er war ein emotionaler Mensch, dem viel daran lag, eine familiäre Atmosphäre um sich herum zu schaffen – eine Haltung, die man dem ganzen Lübbe-Verlag anmerkt. Ich stelle mir vor, dass er darunter gelitten hat, dass manche in der Branche gedacht haben, ach, der Lübbe, das ist halt der mit den Heftromanen. Ja, war er. Und er war so stolz auf "Jerry Cotton", dass er dessen Auto kaufte (einen roten Jaguar E-Type) und im Foyer des Verlages ausstellte.

Es ist noch nicht so lange her, da bekam ich eine Mail aus dem Verlag: Herr Lübbe wolle für die Neugestaltung seines Büros ein paar Sätze aus einem meiner Romane an dessen Eingangstüren anbringen, ob ich da Vorschläge hätte? Nach kurzem Überlegen schickte ich (der ich mich natürlich geehrt fühlte) ein Zitat aus dem Epilog von "Quest" zurück. Später erfuhr ich, dass Stefan Lübbe sich für einen anderen Satz entschieden hatte, nämlich den Anfangssatz von "Eine Billion Dollar", der da lautet: Endlich öffneten sich zwei Türflügel vor ihnen, und sie betraten einen von geradezu überirdischem Licht erfüllten Raum.

Mögen sich im Himmel der Verleger für Stefan Lübbe auch alle Türflügel geöffnet haben!