Was mir die Haare zu Berge stehen ließ



Ab und zu erreichen mich Zuschriften, zu denen mir nichts mehr einfällt. Aber manche Zuschriften sind kurz vor diesem Zustand, und zu denen fällt mir ab und zu dann doch was ein … ;-)


Sehr geehrter Herr Eschenbach!

Sorry. Wer nicht lesen kann, kann auch nicht schreiben. Mails, die gleich mit einer solchen Verballhornung meines Familiennamens beginnen, werden nicht mehr beantwortet!



Hätten Sie eventuell Zeit/Lust/Moeglichkeit, mit mir ein Co-Projekt zu versuchen? Meine Stärke liegt im Ausarbeiten von Ideen, was das Schreiben selbst angeht, bin ich noch nicht so der flüssige Schreiber, so dass es wahrscheinlich noch eine ziemliche Weile dauern würde, würde ich es weiterhin im Alleingang versuchen.

Wie Sie sich sicher schon gedacht haben, gibt es dazu eine Menge zu sagen:

  1. Kein Schriftsteller auf diesem Planeten müßte Not leiden, wenn er jedesmal fünf Mark bekäme, sobald ihm jemand einen solchen Vorschlag macht. Der Vorschlag "ich habe eine Idee, Sie schreiben das Buch daraus, und wir machen Halbe-Halbe" beruht auf der völlig irrigen Vorstellung, ein Schriftsteller sei immer auf der Suche nach guten Ideen. Dem ist nicht so. Ein Schriftsteller braucht vieles - mehr Geld, mehr Leser, mehr Verständnis, mehr ungestörte Zeit, und so weiter. Ungefähr das letzte, was er braucht, sind mehr Ideen. Wenn mir von heute an nichts mehr einfallen würde, hätte ich noch genug Ideen, um 300 Jahre lang Bücher zu schreiben. Jeder Schriftsteller, den ich kenne, hat mehr als genug Ideen für ein ganzes Leben. Es geht nicht darum, mehr Ideen zu haben, sondern darunter auszuwählen und sie dann zu realisieren.
  2. Ich glaube, daß es eher umgekehrt ist. Die Ideen sind da, schwirren herum und suchen sich jemanden, um verwirklicht zu werden. Und die Idee, die Sie in dem beigelegten Entwurf schildern - und die ich übrigens sehr originell und vielversprechend finde - ist zu Ihnen gekommen, nicht zu mir. Das verstehe ich als Aufforderung an Sie, sich nun aber hinzusetzen und was draus zu machen. Und keine faulen Tricks, um sich vor Ihrer Mission zu drücken! Sie wissen aus vielen - eigentlich allen - Märchen: sowas funktioniert nicht. Der Held muß dem Ruf folgen.
  3. Was Sie für Ihre Stärke halten, ist die Situation des Anfängers. Typischerweise sind Anfänger stärker im Entwickeln von Ideen und Handlungsfäden als im Schreiben selbst. Das ist so, weil sie mit dem Schreiben nicht so viel Erfahrung haben. Das ehernste Gesetz der Schriftstellerei besagt, daß man Tonnen von Papier vollschreiben muß, ehe man schreiben kann. So, Held, sieht also der Weg aus: viel schreiben. Schreibe 100.000 Wörter, und Du wirst nicht verhindern können, besser zu sein als vorher. (Manche Helden müssen Ställe ausmisten. Pah! Da schreib ich doch lieber.)
  4. Ihre Einschätzung, daß Sie noch nicht der flüssige Schreiber sind, teile ich, insbesondere in Bezug auf das Wort "noch". Das, was Sie mir geschickt haben, liest sich zwar nicht nobelpreisverdächtig (dazu ist es nicht langweilig genug), aber schon wesentlich besser als sehr, sehr vieles, was mir bereits an "les doch mal und sag mir wie's ist" zugemutet wurde, besser sogar als manches, was ich in gedruckter Form schon gelesen habe, und auf jeden Fall besser als meine ersten Texte! Also, ich denke, Sie können es. Alles, was Sie tun müssen, ist, es zu tun.

Abgesehen davon bin ich kein großer Zusammenarbeiter. Um genau zu sein, ich versuche Co-Projekte zu vermeiden, egal auf welchem Feld. Allenfalls koche ich mit jemand zusammen, aber eigentlich auch nur mit meiner Frau. Zu zweit ein Buch schreiben: ein schrecklicher Gedanke.


Ich hätte da mal eine Frage an Sie: Kann man Ihnen auch Texte, also Romane, oder Romanentwürfe schicken? Die Sie sich dann durchlesen und einem eventuell nützliche Tipps geben.

NEIN. Und zwar aus folgenden Gründen:

ERSTENS: Weil ich mich vor dem möglichen Vorwurf schützen muß, ich hätte eine Idee gestohlen.

ZWEITENS: Weil ich - sorry - mit meiner Zeit Besseres anzufangen weiß.

DRITTENS: Weil es Ihnen sowieso weniger nützen würde, als Sie glauben.

Und nun die Erläuterungen zu diesen drei Gründen.

ERSTENS: Weil ich mich vor dem möglichen Vorwurf schützen muß, ich hätte eine Idee gestohle

Ich kenne Sie ja nicht. Angenommen, Sie schicken mir eine Story, in der ein Raumschiff vorkommt. Ich lese sie und schreibe Ihnen meine Meinung dazu. Ein Jahr später kommt ein Roman von mir heraus, in dem ebenfalls ein Raumschiff vorkommt. Und eine Woche danach schreibt mir Ihr Rechtsanwalt, ich hätte Ihre Idee gestohlen, und will die Hälfte meiner Tantiemen.

Wir leben nun einmal in einer von Rechtsanwälten verseuchten Welt, und es wird eher schlimmer statt besser. Die Zahl der hanebüchenen Rechtsstreits steigt, und die Zahl der Urteile, bei denen man sich an den Kopf fassen muß, nicht minder. Deshalb rät man mir dringend, keine unveröffentlichten Texte zu lesen und stattdessen zu erklären, daß ich unverlangt eingesandte Manuskripte ungeöffnet zurückschicken und entsprechende EMail-Anhänge ungelesen löschen werde. Was ich hiermit getan habe.

Richtig heftig würde es nämlich dann werden, wenn Sie mir eine Geschichte schicken, die auf einer Idee beruht, die ich selber schon gehabt habe. Was dann? Das mag Ihnen unwahrscheinlich vorkommen, aber es ist mir schon einmal passiert, als Mitglied einer Jury in einem Storywettbewerb: eine der Geschichten beinhaltete eine Idee, die ich so ähnlich selber für einen Roman erwogen hatte. Man stelle sich meinen Schreck vor! Und man stelle sich vor, was gewesen wäre, wenn ich mit diesem Roman schon angefangen hätte? Seither bin ich in dieser Hinsicht ziemlich sensibel. (Besagte Geschichte hat übrigens nichts Gescheites aus der Idee gemacht. Sowas ärgert einen dann zusätzlich.)


ZWEITENS: Weil ich - sorry - mit meiner Zeit Besseres anzufangen weiß

Es ist ja nicht so, daß ich das, was ich übers Schreiben weiß, eifersüchtig für mich behalte. Sie können mir jederzeit konkrete Fragen zum Schreiben, Publizieren, über Verlage und Manuskripte und was Ihnen sonst noch einfällt schreiben, und bisher habe ich alle derartigen Fragen beantwortet, so gut ich konnte. Und auf meiner Website (www.AndreasEschbach.de) habe ich eine Rubrik "Über das Schreiben" eingerichtet, in der ich die Fragen gesammelt habe, die mir andere gestellt haben, und meine Antworten darauf.

Aber jemandes Roman zu lesen und etwas Fundiertes dazu zu sagen, das ist richtig Arbeit. Das kostet richtig fett Zeit. Würde ich sagen, "ja, klar, nur her damit", dann würde ich - gleiches Recht für alle - so zugemüllt mit Texten (von denen, da muß man realistisch sein, mindestens 99,9% zum Sterben schlecht, kreuzlangweilig oder schlicht unlesbar wären - was sollte man dazu dann sagen außer "Junge, laß es"?), daß ich nie wieder dazu käme, einen eigenen Roman zu schreiben. Und das wäre doch schade - abgesehen davon, daß ich dann auch nichts mehr verdienen würde und folglich verhungern müßte.


DRITTENS: Weil es Ihnen sowieso weniger nützen würde, als Sie glauben.

Um es krass zu sagen: Die meisten beherzigen Tipps ohnehin nicht. Im Gegenteil, mit den meisten verdirbt man es sich eher, wenn man seine wahre Meinung sagt, weil sie nämlich im Grunde gar keine Tipps wollen - sie wollen entdeckt werden. Sie wollen, daß ein Mensch mit "den nötigen Connäkschns" ihren Roman liest, vor Ehrfurcht in den Boden sinkt und sofort Marcel Reich-Ranitzki und Peter Unseld anruft, damit die schon mal den roten Teppich ausrollen und ihrerseits das Nobelpreis-Komitee anrufen. Da wären alle Nörgeleien an solchen lästigen Beiläufigkeiten wie Kommasetzung und Grammatik doch echt kleinkariert, oder?

Aber mal angenommen, Sie sind einer von den hundert, die *wirklich* einen Tipp wollen und auch bereit sind, ihn zu beherzigen. Dann kann ich Ihnen ja folgendes anvertrauen: Schreiben "können" - das ist nicht eine Frage der Tipps, die man bekommt oder nicht bekommt. Das hat etwas zu tun mit Talent - das man hat oder nicht, aber wenn es einen zum Schreiben drängt, dann hat man es meistens - und vor allem mit Training. Übung. Durchhaltevermögen, Ausdauer - das ist alles enorm wichtig. Schreiben Sie, soviel wie möglich. Und veröffentlichen Sie soviel wie möglich. Das kann schon darin bestehen, daß Sie Ihre Manuskripte im Freundeskreis kursieren lassen: hören Sie sich ruhig an, was die Cousine Ihrer Frau dazu sagt. Und wenn Sie es nicht gut findet, dann widersprechen Sie nicht und belegen Sie sie nicht mit Tiernamen, sondern überlegen Sie sich, woran es liegen kann, daß es ihr nicht gefällt. (Sie versteht vielleicht nichts von Literatur, aber sie weiß, wann ihr etwas gefällt - und sie ist nicht dazu verpflichtet, vernünftige Gründe dafür zu haben.) Überlegen Sie, was Sie tun können, um auch sie zu erwischen und um ihren Nachtschlaf zu bringen.

Das tun Sie ein paar Jahre lang (ja, ich sagte "Jahre" - was dachten Sie denn?), schreiben fünf oder zehn Romane (das Wort vorhin war "Training", Sie erinnern sich?), bis Sie einen Roman haben, von dem Sie sagen, der ist jetzt wirklich verdammt gut geworden - und mit dem (und mit der gleichen Impertinenz, die Sie zehn unbrauchbare Romane hat schreiben lassen) gehen Sie dann zu Verlagen. Dort treffen Sie dann auf Lektoren, und die werden Ihnen Tipps geben, soviel Sie wollen. Im Unterschied zu mir werden die nämlich dafür bezahlt.

Und im Unterschied zu mir sind die auch viel duldsamer. Das ist noch so ein Punkt: Es birgt auch seine Gefahren, einen anderen Schriftsteller um seine Ansicht zu einem konkreten Text zu bitten. Denn jeder Schriftsteller - ich nehme mich da überhaupt nicht aus - will im Grunde, daß alle Leute WIRKLICH GUT schreiben, und WIRKLICH GUT heißt natürlich, SO WIE ER SELBER. Das heißt, angenommen, ich würde Ihren Text lesen und Ihnen Tipps dazu geben, dann wären es unweigerlich Tipps, die Sie dazu bringen sollen, mehr wie ich zu schreiben. Wenn Sie die womöglich auch noch beherzigen, dann verlieren Sie am Ende das, was Sie zu einem eigenständigen Autoren gemacht hätte.

Was sagt uns das? Vielleicht das: Der Weg eines Autors ist ein einsamer, und das, worauf es ankommt, muß letztlich jeder für sich herausfinden.


Können Sie sich vorstellen, ein gemeinsames Buchprojekt mit einem Autor anzugehen, der bisher nirgendwo literarisch in Erscheinung getreten ist? Es mangelt einzig und allein an der Zeit, da der "Möchtegernautor" in einem projektbezogenem zeitlichen Engpass steckt. Die nötigen finanziellen und marketingrelevanten Wege und Mittel zur erfolgreichen Platzierung des Titels in die Top Ten der deutschen Belletristik sind vorhanden.

Dieser bemerkenswerte Vorschlag ist es wert, detailliert beantwortet zu werden.

Können Sie sich vorstellen, ein gemeinsames Buchprojekt mit einem Autor anzugehen, der bisher nirgendwo literarisch in Erscheinung getreten ist?

Schlicht: nein. Ich halte grundsätzlich nichts von gemeinsamen Buchprojekten, übrigens auch nicht mit erwiesenen Autoren. Das, was ich am Dasein des Schriftstellers am meisten schätze, ist, etwas zu haben, das ich ganz allein bewerkstelligen kann. Und auch an Ideen mangelt es mir nicht.

Es mangelt einzig und allein an der Zeit, da der "Möchtegernautor" in einem projektbezogenem zeitlichen Engpass steckt.

Seltsam. Warum ist in jedem derartigen Anschreiben dieser Passus enthalten - daß es dem Menschen mit der epochalen Idee einfach nur an der Zeit mangelt? Niemand sagt je, "ich kann's nicht." Überlegen Sie bitte mal, welch versteckte Beleidigung in diesem Satz steckt. Sagen Sie denn zu dem Piloten, der Sie von A nach B fliegt, "ich würde die Maschine selber fliegen, aber ich habe keine Zeit"? Sagen Sie dem Arzt, der Ihrem Kind den Blinddarm entfernen soll, "ich würd's selber machen, aber ich bin grade in einem zeitlichen Engpaß"? Nein. Aber jeder denkt, alles, was es braucht, um ein Buch zu schreiben, sei genug Zeit. Dabei könnte nichts falscher sein. Sonst hätte ich nicht meinen zweiten Roman schreiben können, während ich "nebenbei" eine Firma gegründet habe (was bekanntlich mit Arbeit von morgens 7 bis abends 23 Uhr verbunden ist). Sonst würde der Markt demnächst überschwemmt von tollen Romanen, jetzt, wo 4 Millionen arbeitslos sind, oder? Also, bitte, lügen Sie sich nicht in die Tasche.

Die nötigen finanziellen und marketingrelevanten Wege und Mittel zur erfolgreichen Platzierung des Titels in die Top Ten der deutschen Belletristik sind vorhanden.

Auch hier befinden Sie sich, mit Verlaub, im Irrtum. Meiner professionellen Einschätzung nach jedenfalls. Derartige Mittel und Wege werden gesucht, seit es Bestsellerlisten gibt, und bislang hat sie niemand gefunden. Sollte in Ihrem Fall der Durchbruch gelungen sein, dann halten Sie sich nicht mit dem Schreiben von Büchern auf, sondern beglücken Sie die auf diese Entdeckung brennenden Verlagskonzerne mit Ihrer Methode.


Seit vielen Jahren schreibe ich Unterhaltungsromane, habe jedoch bisher keinen Verlag finden koennen. Ich suche nun einen renomierten, deutschen Autor, der sich vielleicht vorstellen koennte, mit mir als "ghostwriter" zusammenzuarbeiten.

Ich fürchte, das kann ich mir nicht vorstellen.

Erstens sind "ghostwriter" nur etwas für Leute, von denen kein Mensch erwartet, daß sie auch noch schreiben können - Fußballer, Schlagersänger, Politiker usw. Alles andere ist ethisch nicht vertretbar.

Und zweitens ist es außerdem doch ganz einfach so: Wenn Sie so gut schreiben können, daß ich damit zufrieden wäre, dann finden Sie auch selber einen Verlag!

Ich möchte Sie fragen, ob Sie prinzipiell etwas gegen eine Autorenpatenschaft einzuwenden hätten. Sie könnten unserem Web-Projekt zur Unterstützung junger Autoren helfen, indem Sie in öffentlichen Auftritten (Interviews etc.) und dank Ihrer Popularität das Interesse der Medien und damit potentieller Sponsoren wecken.

Wie stellen Sie sich das vor? Ich kann unmöglich jemanden promoten, bloß weil derjenige gern bekannt sein möchte. Und dann gleich "junge Autoren", alle in einen Topf geworfen und umgerührt? Haben die auch schon mal was geschrieben, diese jungen Autoren?

Ich weiß nicht, was ich mir unter Ihrem Projekt genau vorstellen soll, aber es kommt mir vor wie einer dieser zahlreichen Versuche, mühseliger Arbeit aus dem Weg zu gehen. Die besteht bei einem Autor nun einmal darin, erst etwas Gutes zu schreiben. Wenn er das nicht vorweisen kann, nützt ihm alle Bekanntheit nichts.

Ich verwende mich bisweilen für Nachwuchsautoren, aber allein und ausschließlich dann, wenn ich von ihrem Können überzeugt bin. Und mich davon zu überzeugen, ist sehr, sehr schwer, anbei bemerkt. Auf keinen Fall wäre ich bereit, das pauschal für irgendein Web- oder sonstiges Projekt zu tun. Das funktioniert nur auf der Basis einer Mentorenbeziehung, wie es sie seit Jahrtausenden gibt; irgendwelche Projekte sind da überflüssig wie ein Kropf. 





...auch wenn Sie mich in einigen Punkten nicht ganz richtig verstanden haben, was zweifellos daran liegt, daß ich mich unklar ausgedrückt habe.

Es ist Ihnen natürlich klar, daß es der JOB eines Autors ist, sich klar auszudrücken? Diese Ausrede müssen Sie künftig den Zivilisten überlassen. Ein Schriftsteller muß in so einem Fall sagen, "Entschuldigung, ich habe mich unklar ausgedrückt"... :-)



Nächster Punkt ist das meine Rechtschreibung eine Katastrophe, trotz Computer und Rechtschreibprogramm. Nun frage ich mich ob sie sich eventuell Bereiterklären würden und sich eine von mir durchläsen würden?

Ihr Vertrauen ehrt mich, aber bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich sowohl aus zeitlichen als auch rechtlichen Gründen davon absehen möchte, das zu tun. Außerdem bezweifle ich, daß es Ihnen so viel nützen würde, wie Sie denken - im Gegenteil, möglicherweise würden Sie dem, was ich dazu sagen würde, mehr Gewicht beimessen, als angebracht wäre; ich bin nämlich kein besonders guter Lektor.

Ich möchte Ihnen stattdessen nahelegen, sich einem literarischen Zirkel oder einer Schreibgruppe anzuschließen, wie es sie vielerorts gibt (häufig an den Volkshochschulen), oder selber einen zu gründen. Ich war selber fast zehn Jahre Mitglied in einer solchen Gruppe, und glauben Sie mir, die Auseinandersetzung mit den Texten anderer und das Feedback auf die eigenen ist lehrreicher als alles, was ich Ihnen sagen könnte.

Was Ihre Rechtschreibung anbelangt, so ist diese - erlauben Sie mir dieses offene Wort - bereits in Ihrem Mail ziemlich schlimm. Das sollten Sie auf keinen Fall so hinnehmen wie ein unbeeinflußbares Schicksal, wenn es wirklich Ihr Wunsch ist, Ihre Geschichten zu veröffentlichen. Wenn Sie mit einem Manuskript an einen Verlag herantreten, dann muß der Text von der Rechtschreibung und Zeichensetzung makellos sein, um eine Chance zu haben. Andernfalls nimmt man Sie nicht ernst. Sie würden auch z.B. einen Arzt nicht ernst nehmen, der sich anbietet, eine schwierige Operation an Ihnen durchzuführen, aber nicht einmal Blutdruck messen kann - oder?

Bedenken Sie: Rechtschreibung ist eines der wenigen Dinge beim Schreiben, für das es klare, eindeutige Regeln gibt, die man erlernen kann. Auch hierfür gibt es gute Kurse bei Volkshochschulen. 




Ich möchte nachfragen, ob Sie noch handschriftliche Manuskripte von Ihrer Arbeit am Jesus Video haben. Wären Sie bereit solche "Souvenirs" an einen Fan abzugeben!?

Sorry: meine handschriftlichen Notizen hüte ich wie meine Augäpfel, bewahre alles auf und rücke nichts davon raus, grundsätzlich erstmal und außerdem, weil ich immer wieder darauf zurückgreife aus verschiedensten Anlässen. Etwas davon herzugeben wäre so, als würde ich Seiten aus meinem Tagebuch verschenken. Bitte haben Sie Verständnis dafür. 




Für jeden Roman oder Kurzgeschichte läßt sich eine eigene "Sprache", eine Ausdrucksweise schaffen. Der Schreibstil trägt letzenendes doch erheblich zur Spannung, zur Lesbarkeit usw. bei. Die Sprache in einem Roman ist untrennbar mit Handlung und Aussage verbunden. Wenn ich (m)ein Manuskript "abliefere", serviere ich dem Verlag den Schlüssel zur Ausdrucksform, inklusive Plot. Wie verhalten sich Verlage da? Geben sie das weiter, z.B. an Ghostwriter? Sie könnten Personen, Handlung und kleinere sprachliche Veränderungen, das Werk im ganzen ändern, und trotzdem mit der Stilkopie ein neues Produkt auf den Markt bringen?

Zunächst ein paar einfache Gegenfragen: Warum sollte ein Verlag das tun? Wenn er doch stattdessen das Original veröffentlichen kann? Und: WER sollte es tun? Ein Ghostwriter, der das könnte, würde genauso bezahlt werden müssen.

Und wenn Sie es zu Ende denken würden - dürften Sie Ihren Roman überhaupt nicht veröffentlichen! Denn dann steht er zu Tausenden in den Buchhandlungen, und JEDER könnte eine "Stilkopie" anfertigen!

Wenn es so etwas gäbe. Aber das gibt es nicht. Tatsächlich ist der persönliche Stil eines Autors dessen Markenzeichen und praktisch nicht kopierbar, jedenfalls nicht authentisch, sondern allenfalls als Imitation oder Parodie - oder als mißglückte Nachahmung. Denken Sie an die vielen Romane, die die Sprache von Raymond Chandler oder Ray Bradbury nachzuahmen versuchen - und kläglich scheitern. Es funktioniert nicht so. Genausowenig, wie jemals ein Stimmenimitator einem der Popstars, die er imitiert, ernsthafte Konkurrenz gemacht hätte. Jede Feld-, Wald- und Wiesencombo spielt "Satisfaction" von den Rolling Stones, womöglich sogar originalgetreuer als diese - aber nur wenn Jagger selber das singt, ist es das ORIGINAL. Und das ist es, was wir wollen: Originale.

Deshalb ist auch der Gedanke irreführend, man müsse eine bestimmte Sprache oder einen Stil "schaffen". Das stimmt zwar, aber es ist nicht etwas, das man bewußt und planvoll tun kann, sondern eine Entdeckungsreise, ein Weg, etwas, womit man sein ganzes Schriftstellerleben hindurch beschäftigt ist: zu *seiner* Sprache, zu seiner *persönlichen* Stimme zu finden. One's own voice, wie die Amerikaner sagen. Es ist besser, davon als etwas zu denken, das schon in einem ist und das es zu entdecken gilt; denn wenn man es zu machen versucht, wird es manieriert und künstlich.

Um zu Ihrer Frage zurückzukommen, wie sich Verlage da verhalten: sie machen sich ganz einfach nicht die Mühe solcher Tricksereien. Erstens, weil sie ohnehin nichts bringen, zweitens, weil sie, wenn sie auf ein taugliches Manuskript stoßen, einfach zum Telefonhörer greifen und ein Angebot machen. SIE BRINGEN DAS DING EINFACH HERAUS. Kein Verlag geht bewußt das Risiko ein, in einen Prozeß wegen geistigen Diebstahls verwickelt zu werden.

Ihre Sorge, kurzum, ist vollkommen unbegründet. Sorgen Sie sich lieber darum, daß Ihr Buch gut sein und trotzdem nicht gelesen werden könnte, das ist eine viel realere Gefahr.

P.S.: Jemand, der sich mit sowas auskennt, hat mich gebeten, bei diesem Thema hinzuzufügen, daß dieser Rat NICHT für die Filmbranche gilt: dort könnte Ihnen derlei jederzeit und mit hoher Wahrscheinlichkeit passieren. Wenn Sie einem Produzenten Ihre Buchidee erzählen, könnte es sein, daß Sie eine Variante davon im Fernsehen sehen, ehe Sie das Buch fertig haben. 




Ich habe mir gerade erlaubt, Ihren Namen in einem Schreiben an Ihren Agenten zu verwenden. Wörtlich: "da Sie der Agent von Herrn Eschbach sind, der geographisch gesehen aus meiner Ecke stammt, könnte ich mir vorstellen, dass Sie sich auch für meine Werke interessieren..." Hoffe, das ist okay!?

Offen gestanden finde ich das den blödsten Bezug, der mir jemals vor die Augen gekommen ist. Was hat bitte die geographische Herkunft mit schriftstellerischen Qualitäten zu tun? Warum nicht gleich die Schuhgröße? Ich darf Ihnen prophezeien, daß Sie sich zweifellos bereits damit diskreditiert haben.

Nachtrag: So kam es auch.




Ich habe ihre Internetseite ausführlich studiert und die Tipps - leider erfolglos - ausprobiert. Aber leider glaube ich nicht daran, dass irgendeine Blindeinsendung auch nur den Hauch eines Interesses seitens eines Verlages erzeugen kann (hatte dabei schon zu viele negative Erfahrungen).

Aber Sie glauben, daß Sie mit Mails wie diesem irgendetwas erreichen? Sie haben Glaubensprobleme, würde ich sagen.

Wenn es nicht klappt, liegt es vielleicht nicht an den Tipps? Schon mal überlegt? 





Ich habe im Email Anhang einen nicht vollständigen Roman von mir gespeichert, ich möchte sie bitten, falls sie Zeit und Lust hätten, sich diesen einmal anzuschauen und mir zu sagen was Falsch oder Richtig ist.

Ich kann unmöglich Manuskripte probelesen und beurteilen oder Einzelunterricht erteilen, sonst käme ich überhaupt nicht mehr zum Schreiben: Wenn sich das herumspräche, hätte ich jeden Tag zehn Romane in der Post! Auch rechtlich ist es für einen Autor riskant, unveröffentliche Manuskripte zu lesen. Deshalb ist diese Emailadresse serverseitig so eingestellt, daß alle Attachments automatisch gelöscht werden (wer mir Attachments schicken darf, kriegt eine andere Emailadresse genannt, über die sie ankommen).



Um das von mir erfundene Rollenspiel etwas bekannter zu machen und ihm somit eine größere Kundschaft zu bescheren, hatte ich folgende Idee: Ich sende Ihnen ein Exemplar des Grundregelwerks zu (darin finden Sie eine ausführliche Beschreibung der wirklich spannenden Welt), und Sie überlegen sich, ob Sie dazu einen Roman schreiben wollen.

Danke für das Angebot, aber da muß ich nicht lange überlegen, denn ich habe mit meinen eigenen Geschichten und ihren Welten genug zu tun. Selbst wenn mir für den Rest meines Lebens nichts mehr einfiele, müßte ich 120 werden, um alle Romane zu schreiben, die mir so vorschweben.


WAS MUSS MAN BEACHTEN WENN MAN EIN MANUSKRIPT AN EIN VERLAG SCHICKT !

STEHT ALLES AUF MEIN HOMEPAGE !

Aber wenn Sie Manuskripte nur im entferntesten so schreiben wie Emails, können Sie sich das Porto vermutlich sparen... 




Sollte ich in meinem Buch etwas schreiben, dass ein gesamtes Weltbild verändern könnte, bzw. eine Ansicht, die viele Menschen ablehnen könnten? Ich will es mir ja nicht bei meinem ersten Buch verscherzen, und dann bei jedem unten durch zu sein. Meine Frage ist sollte ich es bei meinem ersten Buch direkt riskieren, mir Feinde zu machen. Oder sollte ich es so lange aufsparen, bis ich berühmt bin, falls ich je berühmt werden sollte, und es dann erst der Öffentlichkeit offenbaren?

Ich verstehe die Frage nicht ganz. Wenn Sie hinsichtlich irgendeiner Sache - was auch immer das ist - eine von der landläufigen Meinung abweichende Auffassung haben, dann haben Sie die doch sicher aus guten Gründen. Und diese Gründe können Sie doch anführen, oder? Es kann freilich nicht schaden, wenn Sie sich alles gut überlegt haben. Wenn Sie beispielsweise behaupten sollten, es gebe keine Schwerkraft, sondern die Atmosphäre halte uns auf dem Boden fest, dann träten Sie gegen Isaac Newton und die gesamte Physik seither an, was für einen jungen angehenden Autor recht hart werden kann. Aber werden Sie sich Feinde machen damit? Wohl kaum. Wenn Sie irgendeinen Schwachsinn behaupten, wird man Sie für einen Idioten halten und bedauern, aber das ist ja wohl was anderes als Feindschaft.

Andersherum gefragt: Wie wollen Sie denn berühmt werden und womit, wenn nicht durch provokante Thesen? Hat Erich von Däniken gewartet, bis er berühmt war, ehe er anfing zu behaupten, die Götter unserer Mythologie seien außerirdische Besucher der Erde gewesen? Nein, er hat es von Anfang an behauptet und ist DAMIT berühmt geworden. 




Ich wüßte gern, ob Sie psychoaktive Substanzen für Ihre Klarheit benötigen oder ob das bei Ihnen von alleine geht.

Das ist alles gutes, altes Nachdenken. Nicht mehr so modern heutzutage, ich weiß, aber ich steh immer noch drauf... 




Ich heiße XY und bin 20 Jahre alt. Mit 14 Jahren habe ich angefangen an meinem Buch zu schreiben. Jetzt, nach 6 Jahren habe ich mein Werk vollendet. Ich habe schon sehr viel postive Kritik erhalten und bin von meinem Werk sehr überzeugt.

Wenn Sie ein Anschreiben an einen Verlag so formulieren, liest der Lektor nicht mal die erste Seite Ihres Manuskripts, glauben Sie mir. Mit Leuten, die "Bücher schreiben" und sie "für die XY-Reihe" eines Verlages vorschlagen, kann man zusammenarbeiten. Leute, die ein "Werk vollenden" und "sehr überzeugt" davon sind, gelten als Pest. Jeder Lektor kann stundenlang Stories erzählen von Autoren, deren Buch er gern genommen hätte, wenn er nicht um jedes Komma hätte streiten müssen und um jedes lasche Adjektiv.

Bitte mißverstehen Sie meine ruppigen Äußerungen nicht als persönlichen Angriff. Ich kenne Sie ja nicht. Ich spüre aus dem Rest Ihres Mails den Wunsch, etwas Bedeutsames zu schreiben, und das ist eine Ambition, die mir zutiefst sympathisch ist, glauben Sie mir. Was ich Ihnen eigentlich gerne nahebringen würde, ist, einmal in Erwägung zu ziehen, daß Sie vielleicht erst am Anfang des Weges stehen, nicht an seinem Ende, und daß es noch viel zu lernen geben könnte, von dem Sie noch gar nichts ahnen. Und ich möchte Sie ermuntern, diesen Weg weiterzugehen. 




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